Da haben Füchse zu reden begonnen.
Ihr Gesicht haben sie nicht gezeigt. Aber sie haben geredet, eingeredet. Wie es
so ihre Art ist. Sie sind wie ein störendes Ohrgeräusch, liegen einem
in den Ohren und versuchen uns weiszumachen, dass es gut für uns wäre,
ihnen zu folgen.
Ihr erinnert euch, wie die Füchse hießen:
Ungeduld, Lieblosigkeit, Jähzorn, Rache, Eifersucht.
Aber zuvor müssen wir uns noch einmal klar
machen, warum das Füchse waren und was mit unserem Thema "Fuchsjagd"
eigentlich gemeint ist. Vielleicht ist ja der eine oder andere heute aus reiner
Neugier in den "Leben live"
-Gottesdienst gekommen, weil ihn das heutige
Thema, "Fuchsjagd", neugierig gemacht hat … Was ja gar nicht zu
kritisieren ist, sondern - ganz im Gegenteil - uns wirklich freut … Denn genau
deshalb überlegen wir uns ja auch genau, wie wir einen "Leben live"-Gottesdienst überschreiben, damit möglichst viele sich vom Thema
angesprochen fühlen …
Nach dem Motto: Was wollen die denn? Fuchsjagd?
- Was soll das denn? Da muss ich schon mal hingehen …
Also, "Fuchsjagd" …Heutzutage schaut
man im Internet in der Wikipedia nach, wo man früher vielleicht ein mehrbändiges
Lexikon zu Rate gezogen hätte. Was sagt uns Wikipedia zu diesem Thema?
Ehrlich gesagt, ich habe gestaunt, was der Begriff "Fuchsjagd" alles
meinen kann … Ich hätte nicht gedacht, dass man fünf verschiedene
Dinge darunter verstehen kann …
"Fuchsjagd" steht für:
1. die Bejagung von Füchsen
2. eine Form des sportlichen Jagdreitens
3. eine von Funkamateuren betriebene Sportart
4. eine mit Modellflugzeugen betriebene Sportart
5. ein Verfolgungswettbewerb im Ballonsport
Wäre interessant, was du dir
vorgestellt hast, als du das Thema "Fuchsjagd" auf dem Einladungshandzettel
oder auf dem Plakat gelesen hast … Ich hätte nur die ersten beiden Bedeutungen
gekannt: die Bejagung von Füchsen
und eine Form des sportlichen Jagdreitens.
Ich lade euch heute zur Fuchsjagd ein. Dabei verrate
ich nicht zu viel, wenn ich sage, dass das, womit wir uns heute im "Leben live"-Gottesdienst beschäftigen, noch einmal eine andere Art von "Fuchsjagd"
ist, die zwar mit der ersten Bedeutung (Bejagung von Füchsen) etwas zu tun
hat, allerdings nur im übertragenen Sinne.
Aber eins nach dem andern …
Im Hohelied Salomos, Kapitel 2, Vers 15, steht
der schöne Satz: "Fangt
uns die Füchse, die kleinen Füchse, die die Weinberge verderben".
Das Hohelied Salomos ist ja ein kleines Buch in
der Bibel, bestehend aus 8 Kapiteln, das sonst in der Kirche praktisch gar nicht
vorkommt. In den sechs Reihen der Predigttexte erscheint es gerade ein Mal als
sog. "Marginaltext" für den 20. Sonntag nach Trinitatis. Ein
Sonntag, den es gar nicht in jedem Kirchenjahr gibt, und dann noch ein "Marginaltext"
…
Das Hohelied ist schon ein besonderes Buch. Zu
Recht wird dieses Buch im Hebräischen das Schir ha-Schirim, "Lied
der Lieder", das heißt "das schönste Lied", genannt,
denn es ist schwer, ein vergleichbares Liebeslied zu finden. Eine Dichtung von
großer Kraft und Schönheit vor uns, reich an feinfühlig und treffend
gewählten, poesievollen Bildern aus Feld und Garten und aus dem Leben der
Tiere und Pflanzen. In den Traumszenen kommt das innerste Gefühl eines Menschen
auf eine leidenschaftliche und doch zarte Weise zum Ausdruck. Das Hohelied ist
einzigartig in der Heiligen Schrift, da es das einzige Buch ist, das sich ausschließlich
mit der Liebe zwischen Mann und Frau beschäftigt, und es tut dies in unvergleichlicher
Weise. Und weil es von deren Hochzeit singt, ist es zugleich ein Loblied auf die
Ehe und auf die eheliche Liebe zwischen Mann und Frau.
"Fangt uns die Füchse, die kleinen
Füchse, die die Weinberge verderben". Der "Weinberg" ist hier zweifellos ein Bild für die Liebe.
Und die Füchse sind die Kräfte, die die Liebe zerstören wollen,
die Unfrieden zwischen den sich liebenden Eheleuten stiften …
Aber der Weinberg hat in der Heiligen Schrift
noch einen weiteren Klang. Er ist nämlich auch ein Bild für das Volk Gottes (so etwa im Weinberglied, Jesaja 5, oder in den Weinberg-Gleichnissen,
die Jesus erzählt hat), für die Gemeinschaft Gottes mit den Seinen (also
die Kirche und Gemeinde, so z. B. in der Bildrede Jesu vom Weinstock und den Reben,
Johannes 15) und letztlich auch für das Leben der Christen, also wie Christen
in der Nachfolge ihres Herrn leben.
"Fangt uns die Füchse, die kleinen
Füchse, die die Weinberge verderben". Es ist nicht nur möglich und erlaubt, sondern völlig in Übereinstimmung
mit dem Gesamtzeugnis der Bibel, diesen Satz aus dem Hohelied auch auf uns zu beziehen
und uns zu fragen, was er uns für unser Leben zu sagen hat, für unser
Leben, wie Gott es sich gedacht hat.
Was sagt uns das Bild vom Weinberg?
Der Weingärtner freut sich, wenn seine Weinstöcke
es "verstehen", Weinstock zu sein. Wenn sie tiefe Wurzeln haben und sich
dem Licht zuwenden. Wenn sie es zulassen, dass auch einmal etwas weggeschnitten
wird, dass eine Ranke umgebogen und in eine andere Richtung gelenkt wird. Und das
alles, damit Frucht kommt.
Der Weinberg ist Gefahren ausgesetzt. Hagel oder
Frost und Ungeziefer können Schaden anrichten. In biblischen Zeiten und auch
heute noch sind es Füchse, die die Weinberge gefährdeten. Während
die Winzer ihr Land bearbeiten und ihre Weinstöcke hegen und pflegen, graben
diese Tiere unter dem Weinberg ihre Gänge und Höhlen. Sie fressen die
Wurzeln der Weinstöcke an und wühlen den Untergrund auf, wodurch der
Weinberg instabil wird und zusammenzustürzen droht. Jahrelange Arbeit kann
auf diese Weise auf einen Schlag vernichtet werden.
Diese Füchse sind Saboteure. Sie untergraben
das Werk des Weingärtners. Und das Schlimme ist: Da sie unterirdisch aktiv
sind, ist ihre zerstörerische Arbeit nicht direkt sichtbar oder spürbar.
Kleine Füchse sind süß. Es kommt immer wieder vor, dass Jäger
der Versuchung nicht widerstehen können, sie am Leben zu lassen, und sie mit
nach Hause nehmen, um sie dort als Haustiere großzuziehen. Eines Tages aber
kommt ihr wahres Wesen zum Vorschein und man entdeckt, dass man Raubtiere aufgenommen
hat.
Für das Reich Gottes gilt dasselbe: Wenn
"Ungeziefer" nicht rigoros entfernt wird, geht vieles kaputt. "Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse,
die die Weinberge verderben".
Ja, auch wenn sie noch so unscheinbar sind und sogar unsichtbar (denken wir dran,
wie sie vorhin aus dem "Off" geredet haben …) - diese "kleinen
Füchse" sind in Wahrheit ungute und schädliche Mächte und Kräfte,
die dagegen ankämpfen, dass Gottes Werk sichtbar wird in reifer und reicher
Frucht.
Diese kleinen Füchse untergraben das, was
in uns gesät wurde und zur Blüte kommt. Am liebsten agieren sie im Schatten.
Sie nisten sich in den dunklen Ecken unseres Herzens ein und wühlen dort den
Boden auf. Sie nagen an den Wurzeln unseres inneren Friedens, sie untergraben unsere
Freude. Wenn wir sie nicht entfernen, gibt es keine Frucht.
Die Füchse haben Namen. Die Namen der Füchse,
die sich vorhin laut vernehmlich zu Wort gemeldet haben, hießen Ungeduld,
Lieblosigkeit, Jähzorn, Rache, Eifersucht. Sie präsentieren sich als
Freunde und flüstern uns ein, dass wir uns rächen müssen, dass unser
Jähzorn gerechtfertigt ist, dass der andere unsere Untreue verdient hat. Weil
wir das gerne hören, nehmen wir die Füchse auf. Aber irgendwann entdecken
wir, dass nicht wir die Füchse haben, sondern sie uns!
Die fünf Füchse sind nur Beispiele.
Es gibt zahllose weitere Füchse. Jeder kennt seine eigenen Füchse am
besten. Und wenn er sie nicht kennt, dann kann er sie sich zeigen lassen.
Es ist der Heilige Geist, der uns diese Füchse
zeigt, der sie nicht im Dunkeln ihr Unwesen treiben lässt, sondern sie ans
Licht holt. So kann unser Gebet mit Psalm 139, Vers 23-24 sein: "Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe
mich und erkenne meine Gedanken. Zeige mir, wenn ich auf falschen Wegen gehe und
führe mich den Weg zum ewigen Leben" (NLB).
Lasst uns auf Fuchsjagd gehen! Lasst uns den Heiligen
Geist immer wieder darum bitten, uns bei der Fuchsjagd zu helfen, die "Füchse"
in unserem Leben aufzudecken und uns dabei zu helfen, sie zu entfernen. Damit die
guten Früchte reifen können. Damit Gutes und Heilsames geerntet werden
können, und zwar im Überfluss. Im Galaterbrief bringt Paulus eine andere
Aufzählung, er nennt sie die Frucht des Geistes. Also das, was der Heilige
im Leben eines Menschen bewirkt, zum Wachsen, Blühen und Reifen bringt, wenn
man ihm Raum gibt. Wenn man ihm erlaubt, die schädlichen kleinen Füchse
aufzudecken und zu entfernen. Dann wächst die Frucht des Geistes. Und die
Beeren dieser Frucht, die haben auch Namen, nämlich "Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit,
Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung" (Galater 2,20).
Wenn wir jetzt gleich ruhige Musik hören,
dann hat jeder die Möglichkeit, einmal über die Füchse nachzudenken,
die seinen Weinberg verderben …